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4. Bioökonomiekongress Baden-Württemberg



[Text Rückblick]

Saccha GbR:

Nachhaltige und gesunde Lebensmittelversorgung neu denken

Eine der großen Herausforderungen unserer Zeit besteht darin, die wachsende Bevölkerung zu ernähren und gleichzeitig unseren Planeten zu erhalten. Daher sind effiziente Prozesse und Verfahren gefragt. Gleichzeitig wünschen sich Verbraucherinnen und Verbraucher gesunde, schmackhafte und bezahlbare Lebensmittel. Proteine hergestellt aus Bierhefe zeichnen sich durch ausgezeichnete funktionelle Eigenschaften wie die gute Umsetzung in Muskelmasse, die hervorragende Texturbildung, ein ansprechendes Geschmacksprofil sowie Allergenfreiheit aus. Daher sind sie ein vielversprechender Baustein für zukünftige Ernährungskonzepte.

Das Unternehmen Saccha hat einen Prozess entwickelt, mit dem aus Nebenströmen der Bierproduktion Proteine für die Nahrungsmittelindustrie hergestellt werden können. Nach Angaben des Unternehmens wird im Vergleich zur Herstellung von pflanzlichen Proteinen weniger Wasser und weniger Fläche benötigt. Auch der CO2 Ausstoß ist vergleichsweise geringer. Hochrechnungen von Saccha kommen zu dem Schluss, dass der jährliche Eiweißbedarf von mehr als 6,2 Mio. Menschen alleine mit Proteinen aus Bierhefe aus deutscher Produktion gedeckt werden könnte. Durch dieses Koppelnutzungskonzept bietet sich die Chance, den Flächenbedarf für die Proteinherstellung zu reduzieren.Ein Teil des weiteren Entwicklungsbedarfs erstreckt sich auf die Skalierung des Prozesses in den Pilotmaßstab sowie die Optimierung der Aufbereitung. Zudem werden Anwendungsmöglichkeiten bzw. Endprodukte unter Verwendung des Bierhefeproteins entwickelt. Es wird erwartet, dass die Rohstoffkosten für die Herstellung von Proteinen aus Bierhefe in Zukunft deutlich unter den heutigen Rohstoffkosten für vergleichbare pflanzliche Proteine, beispielsweise aus Nüssen, bleiben.


Gewinnerin des Bioökonomie-Innovationspreises 2021 des Landes Baden-Württemberg.

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Alpha-Protein GmbH:

Bioökonomische Produktionsanlage zur Insektenaufzucht

Die Nutzung von Insekten als nachhaltige Proteinquelle für die Versorgung einer stetig wachsenden Weltbevölkerung wird nach Meinung von Experten ein Teil der Lösung sein, um in Zukunft mehr Lebensmittel mit einem geringeren Ressourcenverbrauch bereit stellen zu können. Effiziente Verfahren zur Aufzucht und Verwertung von Insekten in der Lebensmittel- als auch Tierfutterindustrie stehen jedoch noch am Anfang. Vergleichbare konventionelle Futtermittel sind außerdem derzeit noch deutlich günstiger am Markt verfügbar.

Das Start-Up Alpha-Protein GmbH hat ein Konzept für eine automatisierte, skalierbare und damit kosteneffiziente industrielle Aufzuchtanlage für Mehlkäfer (Tenebrio molitor) entwickelt. Das Ziel ist es, Insekten als nachhaltige Alternative zu Fischmehl und Soja in großen Mengen sowie zu einem wettbewerbsfähigen Preis am Markt verfügbar zu machen. Die hochgradige Automatisierung der Anlagen sowie die Verwendung von Nebenprodukten aus der Lebensmittelindustrie sollen dies ermöglichen. Kernbestandteil des innovativen Geschäftsmodells von Alpha-Protein ist das patentierte Versorgungsportal, mit dem die automatische Versorgung der Insekten realisiert wird. Darin wird u. a. die Fütterung der Insekten auf einer mit Aufzuchtkisten gestapelten Palette ermöglicht, ohne diese abzustapeln. Sie erlaubt es somit, bestehende Technologien auf dem Markt zu nutzen. Der nächste große Meilenstein in der Entwicklung von Alpha-Protein ist der Aufbau der ersten kommerziellen Produktionsanlage.


Gewinnerin des Bioökonomie-Innovationspreises 2021 des Landes Baden-Württemberg.

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Durchwachsene Silphie und Biogasanlage

Energiepark Hahnennest GmbH und OutNature GmbH:

Von der Pflanze bis zum Papier – Bioökonomie bis zum Ende gedacht

Die Betreiber einer Biogasanlage und ein Produzent von Faserstoffen und Papieren haben gemeinsam eine neue Wertschöpfungskette vom Feld bis ins Regal etabliert. Unter Anwendung von Wasserdampf und Druck werden aus der Durchwachsenen Silphie hochwertige Fasern für die Herstellung von kreislauffähigen Verpackungen gewonnen. Aus den verbliebenen Pflanzenbestandteilen wird Biogas hergestellt, welches vor Ort in Strom und (Fern-)Wärme umgewandelt und direkt vermarktet wird.

Das innovative Geschäftsmodell ermöglicht ein zusätzliches Einkommen für Landwirtinnen und Landwirte, denn mit den Fasern entsteht am Hof ein marktfähiges Produkt. Zudem zeichnet sich ab, dass die Durchwachsene Silphie im Vergleich zu anderen Energiepflanzen große Vorteile bezüglich Insektenfreundlichkeit und Humusaufbau bietet. Ein weiterer Vorteil ist der geringe Aufwand für die Pflege der mehrjährigen Pflanze, die nach der Etablierung über viele Jahre geerntet werden kann.

Ein schönes Beispiel für Bioökonomie, neue Wertschöpfungsnetze und die Vorteile von Koppel- und Kaskadennutzung sowie die Verbindung von Ökologie und Ökonomie mit technischen und sozialen Fragestellungen.


Gewinnerin des Innovationspreises im Jahr 2020.

Biogasanlage

Agro Energie Hohenlohe GmbH & Co. KG:

Effizienzsteigerung im Ackerbau in Hohenlohe durch Nährstoffrückgewinnung aus Wirtschaftsdüngern

In Kupferzell wurde eine innovative Anlagenkonzeption entwickelt, die Gülle und Festmist nachhaltiger verwertet. Der Landwirt hat seine Biogas-Anlage, die in der ersten Stufe grünen Strom erzeugt, um weitere Stufen erweitert, in denen aus den Gärresten Phosphor, Stickstoff- und Kalidünger sowie organische Bodenverbesserer gewonnen werden.

Diese konzentrierten Düngerprodukte sind transport- und marktfähig und können bedarfsgerecht dosiert werden. Das Projekt wird von der Europäischen Union und dem Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP AGRI) mit einem Betrag von etwa 1,3 Millionen Euro gefördert. Es zeigt, wie bioökonomische Ansätze zukünftig zu Effizienzsteigerung und Ressourcenschutz in der Landwirtschaft beitragen können.


Gewinnerin des Innovationspreises im Jahr 2020.

Linsenfeld

EIP-Agri-Projekt RhizoLinse:

Optimierung der Stickstoffversorgung im Linsenanbau durch Aussaat mit Rhizo-Bakterien

Das gesteigerte Interesse der Kosumentinnen und Konsumenten nach regional angebauten Lebensmitteln mit hohem Proteingehalt lässt alte bewährte Kulturen wiederaufleben. Im Projekt RhizoLinse wird die Möglichkeit untersucht, die natürliche Symbiose beziehungsweise das natürliche Zusammenleben zwischen Linsen und Knöllchenbakterien (Rhizobien) zu verstärken. Diese Bakterien fixieren Stickstoff aus der Luft und stellen daher eine gute Nährstoffversorgung der Pflanzen sicher.

Indem passende Bodenbakterien bereits mit der Aussaat der Linsen ausgebracht werden, bekommen die Linsen gute Startbedingungen für die Ausbildung von Wurzelknöllchen, was sich positiv auf das Wachstum, den Ertrag und die Qualität der Linse auswirkt.
 
Diese Nutzung von biologischem Wissen kann zukünftig zur Wiederbelebung dieser einst traditionellen, ernährungsphysiologisch und ökologisch wertvollen Kultur in Baden-Württemberg beitragen.

Ventilator nach Vorbild Eulenflügel

Ziehl-Abegg SE, Künzelsau:

Ein Ventilator nach dem Vorbild des Eulenflügels

Der nahezu geräuschlose Flug der Eule inspirierte die Entwickler bei der Gestaltung ihres Ventilators. Sie übertrugen die Eigenschaften des Eulenflügels in eine technische Anwendung (Bionik). So entstand die charakteristische Hinterkante der Ventilatorenflügel.
 
Diese reduziert das Betriebsgeräusch des Ventilators erheblich und wurde zu einem Markenzeichen des Unternehmens Ziehl-Abegg SE. Die Ventilatoren werden in Heizungsanlagen, der Kältetechnik, Wärmepumpen und zur Elektronikkühlung eingesetzt.
 
Das Beispiel zeigt das große Potential der Bionik für innovative Produktlösungen, einem Kernelement der Bioökonomie.

Ausgezeichnet beim Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg.

Gebäude nach Vorbild Nebeltrinker-Käfer

Sto SE & Co. KGaA, Stühlingen:

Lernen von der Natur

Der Nebeltrinker-Käfer lebt in der Namibwüste und hat eine besondere Überlebensstrategie entwickelt: Er ist in der Lage Tautropfen zu sammeln und diese über die spezielle Oberflächenbeschaffenheit seines Panzers gezielt zu seinem Maul zu leiten. Diese Eigenschaft machte sich das Unternehmen Sto SE & Co. KGaA zu eigen und entwickelte eine Fassadenfarbe, die gezielt Wasser ableiten kann.
 
Die Fassaden trocknen nicht nur in Rekordzeit, vielmehr bleibt die Fassade und der Wandaufbau langfristig trocken. Pilze und Algen haben hier wenig Chancen. Auf diese Weise wird auch der Einsatz von bioziden Filmschutzmitteln vermieden, ein weiterer Vorteil gegenüber herkömmlichen Fassadenanstrichen. 
 
Ein Hauptziel in der Bioökonomie ist es durch die Anwendung biologischen Wissens innovative Produkte mit einem Mehrwert gegenüber ihren bereits vorhandenen Pendants zu fördern, genau wie die bionische Fassadenfarbe.
 
Ausgezeichnet beim Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg.

PeePower Toilette bei Großveranstaltung

PeePower Toilette:

Urin als Ressource (PeePower)

Jeder Mensch scheidet täglich bis zu zwei Liter Urin aus. Im Altertum nutzten die Menschen Urin bereits wirtschaftlich, woher die Redewendung „Geld stinkt nicht“ herrührt. Den meisten Leuten ist heute nicht mehr bewusst, dass urinhaltiges Abwasser für inzwischen entwickelte biologische Hightech-Verfahren eine hochwertige Rohstoffquelle darstellt.

Im Projekt „PeePower BUGA 2023“ setzen das Engler-Bunte-Institut (EBI) und die Technische Universität Hamburg das Verfahren der mikrobiellen Elektrolyse ein um in einem speziellen Reaktor aus Urin mit Hilfe von Mikroorganismen Wasserstoff zu gewinnen. Dieser wird für das Demonstrationsprojekt auf der BUGA 2023 über eine Brennstoffzelle in elektrische Energie umgewandelt, welche dem Publikum in Form einer Smartphone-Ladestation zur Verfügung gestellt wird. Dieses Demonstrationsprojekt zeigt die innovativen Ansätze und Verfahren der Bioökonomie, man kann Strom zum Laden des eigenen Handys oder die Beleuchtung der Toilette an abgelegenen Orten beim Toilettengang erzeugen und einen Beitrag zur Ressourcenschonung und -versorgung oder zur Sicherheit leisten.